Für viele ist fruchtiger Kaffee und die damit verbundene Säure sehr gewöhnungsbedürftig und ungewohnt.
Vollbärtige Typen in Holzfällerhemden schwärmen von Aromen wie Himbeere, Blaubeere, Apfel, Zitrone und allem was der Obsthändler sonst noch so hergibt.
Dann probiert man voller Erwartung und was schmeckt man? Kaffee halt.
Ein Großteil von uns hat zuhause gelernt, dass Kaffee stark, schwarz und bitter sein muss und Filterkaffee eher von zweifelhafter Qualität ist. Die Harten trinken ihn schwarz die anderen geben Zucker und Milch dazu.
Daher an dieser Stelle ein paar Worte von einem, der meist Vollbart und gelegentlich auch mal ein Holzfällerhemd trägt.
Kaffee zählt als das aromatischste Lebensmittel überhaupt. In der kleinen Bohne stecken über 1000 verschiedene Aromen. Je nachdem wie man die Bohne verarbeitet, kann man diese aus ihr heraus kitzeln.
Das Feld der Aromen ist recht umfangreich, daher nur soviel:
Aromen sind spezifische Gerüche und Geschmäcke die durch chemische Stoffe oder Stoffverbindungen hervorgerufen werden.
In der Natur wurden bisher um die 10.000 verschiedenen Aromen identifiziert und mit etwas Übung kann der Mensch ein paar 1000 davon auseinanderhalten.
Trifft demnach die richtige Kombination an chemischen Verbindungen auf ein paar unserer 10 Millionen Riechzellen, kann es uns an Omas Apfelkuchen, das Lieblingsparfum oder frisch gebrühten Kaffee erinnern.
Viele Stoffe teilen sich ähnliche oder gleiche Verbindungen, was dazu führt, dass Beispielsweise ein Gläschen Rum Aromen von Vanille, Banane und Schokolade suggeriert, ohne jemals damit in Berührung gekommen zu sein.
Womit wir bei der Feststellung wären, dass ein Kaffee mit frischen Fruchtnoten nicht zwingend mit Apfelsaft gestreckt wurde.
Bleiben wir kurz beim Apfel und beleuchten den Unterschied zwischen Säure und Frucht.
Die Unterscheidung dieser Aromen ist nicht immer einfach, wobei eine kleine Gedankenstütze sehr Hilfreich ist.
Unter der Beschreibung „Frucht“ kann man sich den Biss in einen saftigen, reifen, süßen Golden Delicious vorstellen. Der Apfel schmeckt fruchtig und aromatisch, hat aber kaum säure.
Der Biss in einen Granny Smith Apfel hingegen hat einen knackig, frischen und adstringierenden Effekt und wirkt eher sauer statt fruchtig. Wichtig ist hierbei nur, dass die Säure nicht unangenehm wird. Ab welchem Punkt das passiert, muss jeder für sich entscheiden. Ziel sollte es jedoch sein ein möglichst ausgeglichenes Verhältnis zwischen Körper, Süße, Bitterkeit und Säure zu erreichen.
Kaffee enthält um die 100 verschiedenen Säuren. Dazu gehören zum Beispiel Essig- , Apfel-, Zitrus-, Milch- China- und Chlorogensäuren. Sie sind, wer hätte es gedacht, für die Säure in der Tasse verantwortlich.
Durch den Röstvorgang werden vor allem die China- und Chlorogensäuren kontinuierlich abgebaut und zersetzt. Soll heißen, je länger der Kaffee geröstet wird, desto mehr Säuren können zersetz werden und desto weniger Säure kommt in den fertigen Kaffee.
Demnach kann man sich grob daran orientieren, dass…
Es kommt aber dennoch sehr stark auf den einzelnen Kaffee und die Zubereitung an.
Grundlegend kann man sagen, dass Arabica Bohnen mehr Säuren und fruchtige Komponenten enthalten als Bohnen der Sorte Canephora, auch Robusta genannt.
Was Regionen angeht ist besonders Afrikanischer Kaffee, beispielsweise aus Äthiopien und Kenia, für sein frucht- und zitrusbetontes Aromaprofil bekannt.
Im Verlauf des Brühens werden zuerst die leichten Aromen und Säuren gelöst. Je länger das Wasser im Kontakt mit dem Kaffee ist, desto mehr Bitterstoffe und schwere Aromen bekommt man.
Ebenfalls ist die Temperatur von Bedeutung. Je heißer das Wasser, desto mehr Stoffe lösen sich und desto kürzer kann im Zweifelsfall die Brühzeit gewählt werden.
Als dritter Faktor ist der Mahlgrad zu betrachten. Je feiner der Mahlgrad, desto stärker die Extraktion und desto mehr Aromen werden in der gleichen Zeit gelöst.
Ein Cold Brew, der mit kaltem Wasser zubereitet wird, ist Beispielsweise sehr arm an Säuren und Bitterstoffen.
Bei der Zubereitung von Espresso ist dieses Verhalten des Kaffees besonders eindrucksvoll. So kann ein Espresso der 25 Sekunden läuft sehr säurebetont sein und mit 30 Sekunden bereits zum bitteren tendieren.
An der Bar kann Frucht und Säure die Balance in einem Drink empfindlich beeinflussen.
Ein tendenziell süßer Cocktail, wie zum Beispiel ein Espresso Martini, kann durch einen säurebetonten Espresso ausbalanciert werden.
Ein Drink der bereits Säure enthält verlangt hingegen nach einem säurearmen Kaffee.
Der Espresso Tonic ist eines der besten Beispiele dafür, wie wichtig die Wahl des richtigen Kaffees sein kann. Da ein Tonic bereits einiges an Bitterstoffen mitbringt, kann ein zu bitterer Kaffee das Getränk ungenießbar machen.
… kann man also grob sagen:
Geschmack und Aroma sind sehr individuelle Dinge, die jeder anders erlebt. Daher sollte man sich, ganz besonders am Anfang, keine Gedanken darüber machen, wenn man vorgegebene Aromen nicht herausschmeckt, oder anders wahrnimmt. In erster Linie soll das ganze schließlich schmecken!
In diesem Sinne… viel Spaß bei der nächsten Tasse Kaffee!
quelle: brewing bartender