Kalter Kaffee ist nicht mehr das, was er mal war. Mittlerweile trinkt man ihn freiwillig. Und das sogar gerne. Das hat selbst die große Kaffeehaus-Kette mir der Meerjungfrau verstanden.
Als wäre das Ganze nicht schon verrückt genug (Kalter Kaffee? Whaat??) haben sich ein paar findige Köpfe gedacht, stecken wir den Kaffee doch in ein Fass, füllen Stickstoff dazu und schießen das Ganze durch eine Zapfanlage. Spart Zeit, Geld und sieht cool aus. Et voila, der Nitro Coldbrew Kaffee war geboren.
Im Detail handelt es sich bei Nitro Coldbrew um Kaffee der in eine Zapfanlage gefüllt und mit Hilfe von Stickstoff unter großem Druck durch eine feine Düse, in die ein kleines Lochblech eingearbeitet ist, gedrückt wird. Dabei wird der Kaffee extrem fein verwirbelt, was zur Folge hat, dass dieser eine kompakte Schaumkrone mit seidiger Konsistenz bekommt. Ähnlich wie bei einem frisch gezapften Guiness.
Geschmacklich hat das zur Folge, dass der Kaffee frischer und spritziger schmeckt und eine cremige Konsistenz bekommt.
Bisher war dieser Genuss allerdings nur denen vorenthalten, die im Besitz einer Zapfanlage waren.
Ein kleines Unternehmen aus den USA mit dem passenden Namen NitroBrew hat sich dem Problem angenommen und versucht eine handlichere Version zu entwickeln. Das Ergebnis ist ein gleichnamiges Gerät, dass es ermöglicht, ohne großen Aufwand und Platz einzelne Portionen zuzubereiten.
Freundlicherweise habe ich ein Exemplar zur Verfügung gestellt bekommen und konnte es ausgiebig testen um meine Erfahrungen damit zu teilen.
So soll es sein.
Für aktuell 355 $ nicht ganz günstig, aber immer noch weit unter dem Preis einer Zapfanlage, bekommt man das Home Kit mit Kompressor. Dieses beinhaltet einen NitroBrew Kessel, einen Kompressor mit Druckminderer und Stickstoff-Filter, die Ladestation inklusive Schlauch zum Laden des Kessels und etwas doppelseitiges Klebeband. Alles was man braucht um loszulegen.
Der Kompressor und der Edelstahl-Kessel machen einen hochwertigen und soliden Eindruck. Einzig der angelötete Kunststoff-Griff des Kessels wirkt, als würde er bei zu starker Beanspruchung seinen Dienst schnell quittieren. Es wird in der Anleitung bereits darauf hingewiesen, dass dieser nicht zum schütteln des Kessels geeignet ist.
Die Ladestation ist ebenfalls aus leichtem Kunststoff. Das sollte aber auch auf lange Sicht kein Problem sein, da diese keiner großen Belastung ausgesetzt ist.
Denkbar einfach. Der Schlauch lässt sich ohne weitere Probleme und Werkzeug mit Kompressor und Dockingstation verbinden. Die Station selbst kann, muss aber nicht, auf oder unter dem Tresen befestigt werden. Sobald der Kompressor eingesteckt und angeschaltet ist, kann man loslegen.
Der für den Kessel empfohlene Maximaldruck von 45psig ist am Kompressor bereits voreingestellt, kann mit einem Handgriff aber auch justiert werden.
Alternativ zu dem Kompressor kann der NitroBrewer auch an eine Stickstoffflasche angeschlossen werden. Hierzu wird aber zusätzliches Zubehör benötigt.
Der Ablauf ist sehr simpel. Maximal 12oz (ca. 350 ml) Flüssigkeit werden in den Kessel gefüllt, der dann mit Hilfe der Ladestation und dem Kompressor mit Stickstoff geladen wird. Im Anschluss wird das Ganze kurz geschüttelt und ins Glas gegeben.
UPDATE#1: Wie ich erfahren habe, lässt sich der Kessel auch problemlos mit mehr als 12 oz befüllen. Die angegebenen 12 oz sind lediglich ein Richtwert.
Erfreulicherweise ist es genau so einfach wie es sich anhört. Zumindest hatte ich bisher keinerlei Probleme damit.
Einzig wenn der Deckel des Kessels nicht genau ausgerichtet ist, benötigt er ein bisschen Starthilfe in Form von kurzem Andrücken des Deckels. Dadurch kann sich der Druck besser Aufbauen und der Dichtungsgummi schließt wieder wie er soll.
Um den Kessel komplett zu laden braucht der Kompressor in etwa 20 Sekunden.
UPDATE#2: Je höher der Füllstand im Kessel, desto kürzer ist auch die Zeit zum Laden des Kessels. Die 20 Sekunden beziehen sich auf eine Füllmenge von 12 oz.
Die Reinigung ist ebenfalls problemlos , da das Gerät spülmaschinenfest ist.
Eines der Hauptargumente von Seiten NitroBrew ist die Verwendung für Bier. Funktioniert auch wunderbar. Allerdings sollte man dabei beachten, dass sich durch den Stickstoff die Kohlensäure verabschiedet. Denen, die auf ein bisschen Bewegung im Bier nicht verzichten möchten sei daher geraten, nur einen Teil des Bieres unter Druck zu setzten und den Rest lediglich damit aufzugießen.
Steckenpferd Nummer 2 ist der Kaffee. Zweifels ohne eine wunderbare Sache!
Einzige kleine Einschränkung ist, dass die Schaumkrone im Vergleich zu einem Nitro Colbrew aus der Zapfanlage etwas schneller zusammenfällt, somit auch die Textur verschwindet und der Schaum nicht ganz so kompakt wirkt.
Je länger man dem Kaffee Zeit gibt, sich im Fass mit dem Stickstoff anzureichern, desto kompakter und langlebiger wird in der Regel auch der Schaum. Diese Zeit fehlt beim NitroBrew logischerweise.
Für den schnellen Genuss einer einzelnen Tasse ist es aber dennoch eine Alternative, vor allem wenn man den Kosten-, Platz- und Wartungsaufwand einer Zapfanlage in Betracht zieht.
Gibt man Milch dazu verbessert sich die Stabilität des Schaumes um einiges. Ein großer Vorteil, zumal man Milch nicht unbedingt in seiner Zapfanlage haben möchte und individueller auf den Gast eingehen kann.
Aber auch ein bisschen Zucker macht bereits einen Unterschied. Bestes Beispiel hierfür ist die Nitro Coffee Limo.
Aus sich eines Bartenders natürlich sehr interessant. Für mich auch die ergiebigste Kategorie und das größte Potenzial.
Es lassen sich sowohl Shortdrinks als auch Longdrinks verarbeiten. Allerdings ein nicht ganz ungefährliches Vergnügen. Ein Nitro-Manhattan ist nämlich eine ziemlich süffige Angelegenheit.
Drinks mit Eiweiß oder Emulgatoren wie Xanthan erhalten durch dieses Verfahren eine unglaublich cremige Konsistenz und Textur.
Es ist zudem möglich die Drink samt Eis direkt im Kessel zuzubereiten und zu shaken, was das ganze erleichtert. Das Getränk auf Eis zu servieren bietet sich allerdings nicht an, da der Schaum dadurch sehr schnell in sich zusammen fällt.
Nur auf Fruchtfleisch sollte man achten, da dieses die kleine Düse sehr schnell verstopfen kann.
Im Grunde genommen kann alles was Flüssig ist auch „genitroed“ werden. Einzig Flüssigkeiten über 50 °C verträgt das Gerät nicht.
Safte, Milchshakes, Weine, Spirituosen… und einen Schritt weiter gedacht, eine Nitro-Gazpacho?!
Der NitroBrew Kettle ist ein sehr vielseitig einsetzbares Gerät, dass der Kreativität nur wenige Grenzen aufzeigt. Auch wenn es in Sachen Standfestigkeit und Konsistenz des Schaumes nicht ganz an eine Zapfanlage heranreicht ist es doch eine günstigere, flexiblere und platzsparendere Alternative, die sich nicht zu verstecken braucht.